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11. Oktober 2024

Wissenschaft braucht Emotionen

Emotionen und Wissenschaft, Wissenschaft und Storytelling – passt das zusammen? Auf den ersten Blick vielleicht gar nicht, denn Wissenschaft gilt als nüchtern und objektiv. Wir leben in einer Zeit, in der Wissenschaft immer überlebenswichtiger wird und es doch viel zu viel Content da draußen gibt. Ein bisschen Pepp darf also schon sein, oder? Hier sind meine Gedanken (und viele Links zu Podcasts und Büchern) dazu.

Erde aus dem Orbit
Perspektivwechsel: Der Blick von außen, auch Overview-Effect genannt, kann vieles verändern.

Gerade in der Wissenschaftskommunikation sind Emotionen, wie ich finde, unverzichtbar. Sie helfen, komplexe Themen greifbarer zu machen, Begeisterung für Wissenschaft zu wecken und auch, um in der Politik etwas voranzubringen und Vertrauen zu schaffen. Maren Urner beschreibt in ihrem Buch "Radikal emotional", warum Verstand und Emotionen sehr wohl zusammengehören, auch wenn man in der Politik konstruktiv was voranbringen will.

Astronomie als Zugang

Mal ehrlich: Fasziniert und das Weltall nicht alle? Macht es uns nicht allen Gänsehaut, wenn Galaxien zum Dröhnen der Orgel verschmelzen, während die Stimmung des Lichts im imposanten Kirchenraum uns für einen langen Moment in neue Dimensionen entführt? Gemeinsam mit einem tollen Team habe ich einen Weg gefunden, Wissenschaft und Emotionen zu verknüpfen. Beim Showprojekt „Register des Universums“ nutzen wir den Zugang der Astronomie sehr bewusst, um auch über unsere Erde zu sprechen. Wie wir das tun und welche Rolle dabei Emotionen spielen, durfte ich in einem Interview mit Wissenschaftskommunikation.de teilen.

Symbol von Anführungsstrichen

Erwachsene haben das Staunen verlernt, dabei lebt jede Geschichte von Gefühlen, Sinneseindrücken und Emotionen. Warum nicht auch Geschichten über Wissenschaft?

Der Blick auf die Erde aus der Perspektive des Weltalls ist sagenhaft. Ich erinnere mich noch sehr gut, wie ich als Kind davon träumte als Astronaut um die Erde herumzuschweben, während ich beobachte, wie die Meere unter mir schimmern. Den Blick in die andere Richtung, ins All, fand ich immer gruselig. Meine Mutter hat mir versucht zu erklären, dass es in der Richtung einfach kein Ende gäbe. Ein unendlich großes Weltall? Irgendwie ein beengendes Gefühl. Erwachsene haben oft verlernt, Informationen mit Gefühlen zu assoziieren. Erwachsene haben das Staunen verlernt, dabei lebt jede Geschichte von Gefühlen, Sinneseindrücken und Emotionen. Warum nicht auch Geschichten über Wissenschaft? In unserer Show erzählen wir solche Geschichten, um Menschen zu inspirieren. Wir berühren ihre Sinne über spürbare Orgelmusik, eine Lichtinstallation, die den Kirchenraum durchflutet und Eindrücke aus dem Weltall und von der Erde.

Wir zeigen den Menschen so, dass es sich lohnt, für eine Zukunft auf unserem Planeten zu kämpfen oder an sie zu glauben. Die Astronomie kann über ihre einzigartige Perspektive auf die Erde einen Beitrag leisten, Schockstarren zu lösen und unsere Gesellschaft wieder handlungsfähig zu machen.

Ein Common Ground für die Gesellschaft

Screenshot von Website
Screenshot von der Plattform Wissenschaftkommunikation.de

Wir haben uns in der Vorbereitung für unsere Show gefragt, warum Themen wie der Klimawandel polarisieren und woher die Wut auf „die da oben“ kommt. Sicher überfordern die globalen Krisen. Es ist aber keine Frage der Fakten, denn die kennen die meisten. Es ist eine soziale Frage; die Einstellung der Menschen zu Krisenthemen hat eine starke soziale Komponente. Unser Projekt will Menschen abholen, egal ob sie wissenschaftlich interessiert, privilegiert oder eh schon überzeugt von der Transformation sind. Wir setzen einen Schritt vorher an und wollen Menschen in einer Zeit zusammenbringen, in der sie sich oft entzweien. Mit der Astronomie bieten wir einen Common Ground, wie ihn auch Olaf Kramer, Professor für Rhetorik und Wissenschaftskommunikation, oft erwähnt. In seinem Interview mit wissenschaftskommunikation.de erklärt er, was genau er darunter versteht.

Oft wurde ich gefragt, warum wir unsere Show in Kirchen aufführen. Mal abgesehen von dem einzigartigen Instrument der Orgel: Kirchen haben für Viele etwas Bedächtiges. Ich finde, es sind besondere Räume, in denen man ganz für sich sein kann, aber auch Teil eines Gemeinschaftserlebnisses. Die Architektur und Kunst wirken erhaben und erinnern uns daran, dass es Dinge gibt, die größer sind als wir. Sie erinnern an Mut, Ehrgeiz und ein gemeinsames Ziel, um einen Kollegen, Kai Noeske, frei zu zitieren, der mit den Worten twitterte, als er vor Notre Dame stand. Unsere Show will das Publikum ermutigen, das im Alltag scheinbar Unmögliche für möglich zu halten und sich für die kommenden Generationen zu engagieren. Religionen suchen, wie die Wissenschaft, nach einem Sinn. Aber eben anders. Wir wollen da nichts vermischen und in Zukunft wirklich gerne mit unserem Publikum darüber sprechen.

Wissenschaft braucht Storytelling

Wissenschaft und Emotionen harmonieren in meinen Augen also sehr wohl. Eine ähnlich kontroverse Diskussion wird darüber geführt, ob Storytelling denn ok sei, um Wissen zu vermitteln. Ich denke, Story und Emotionen gehen Hand in Hand.

Hier ein Paar Podcast-Tipps:

  • Im ZEIT für WissKomm Podcast erzählt Henning Patzner, Trainer für Kreativität, Innovation und Storytelling, welche verbindende Kraft hinter dem Erzählen von Geschichten steckt.
  • Manuel Stark, Dozent für narrativen Erzähljournalismus, setzt das Erzählen mit Empathie gleich. Ob Wissenschaft Geschichten erzählen darf? Und ob. Im Podcast von Deutschlandfunk Kultur erklärt Manuel Stark, warum er der Meinung ist. Wissenschaft solle dabei nicht polarisieren und auf einfache Mechanismen wie Held/Antiheld, gut/böse setzen, aber sie könne Erkenntnisse mit Emotionen verbinden, um Menschen zu erreichen und um dann gemächlich immer komplexer zu werden, so Stark im Artikel „Geschichten erzählen in der Wissenschaft“ auf science.orf.at.

Und eine Sache dürfen wir nicht vergessen: Menschen haben Wissen und Erfahrungen schon über Geschichten überliefert, als es noch keinen Buchdruck gab. Denn unser Gehirn ist wie gemacht für Storytelling. Deswegen funktioniert die einfache Held*innen-Geschichte so gut, deswegen nutzt sie Hollywood für seine Blockbuster.

Symbol von Anführungsstrichen

Auch Wissenschaftler*innen haben keine Lust auf langweilige Vorträge! Sie dürfen sich trauen, ihre Forschung spannend zu erzählen.

Und auch Wissenschaftler*innen können simples Storytelling nutzen, wenn sie ein Paar Regeln beachten, erklärt Randy Olson in seinem Buch „Houston, we have a Narrative“. Olson ist promovierter Meeresbiologe, der seine Profession als Filmemacher entdeckt hat. Wer sich damit beschäftigt wird feststellen, dass jeder Abstract einer Fachveröffentlichung nichts anderes als eine kurze Story ist. Sie hat einen Einstieg, eine Stolperstelle, die das Problem beschreibt und eine Auflösung oder einen Cliffhanger am Ende. This is how Story works. Ein Abstract soll Lust auf mehr machen und in den Text reinziehen. Genauso wie ein guter Vortrag nicht nur informieren, sondern vor allem im Kopf bleiben will.

Denn seien wir mal ehrlich, auch Wissenschaftler*innen haben keine Lust auf langweilige Vorträge. Klar, die Forschung muss der wissenschaftlichen Methodik folgen, die Statistik muss überzeugen. Aber wer mal auf einer Fachkonferenz war, weiß, an welche Vorträge er/sie sich erinnert. Und das waren sicher nicht die, in denen eine Publikation auf 50 Slides rezitiert wurde. Wissenschaftler*innen dürfen sich trauen, ihre Forschung spannend zu erzählen.


31. Juli 2024

Das Klima auf DER Planetariumskonferenz IPS

Planetariumsprojektor mit Besuchern unter Planetariumskuppel
Grande Finale: Der historische Sternprojektor von Zeiss, das Modell Vb, wirft ein letztes Mal Sterne an die Kuppel des Planetariums am Insulaner in Berlin. Nur Tage später wurde er demontiert und verbringt seine Zukunft jetzt als Ausstellungsstück im Foyer. © Tobias Beuchert

Im Urlaub mal so richtig chillen? Kommt dann Mitte August. Letzte Woche hatte ich frei, um einen Workshop auf der Konferenz der International Planetarium Society in Berlin zu geben. Ich... bin immer noch völlig erledigt. Netzwerken auf Konferenzen fand ich schon immer anstrengend und bereichernd zugleich. Hier ein Versuch, meine Gedanken etwas zu ordnen und so ein neues Projekt zu motivieren, das in meinem Kopf heranreift.

Reizüberflutung

Selfie vor einer Planetariumskuppel
Mein erstes Mal: Posing vor dem Zeiss Großplanetarium Berlin. © Tobias Beuchert

Die Konferenz, ein Gigant auf vier Schauplätzen: Das Zeiss Großplanetarium, das Planetarium am Insulaner, die historische Archenhold-Sternwarte (Einstein hat hier das erste Mal seine allgemeine Relativitätstheorie vorgetragen und auch ich durfte hier schon für einen Slam auf der Bühne stehen...Gänsehaut) und die Arena.

In der Arena, einer riesen Messehalle, wetteifern zig Aussteller mit abgefahrener Planetariumstechnik aus der ganzen Welt, dazwischen fünf Bühnen für Vorträge und Workshops. Ich bin bisher Fachkonferenzen aus Astrophysik und Wissenschaftskommunikation gewohnt. Aber wie krass ist das hier? Ich trage einen Kopfhörer, den man sonst nur von Kopfhörerpartys kennt. Mit ihm soll man einem Vortrag inmitten der wilden Geräuschkulisse lauschen können. Alle, die auf die grüne Stage eintunen wollen, stellen ihre Kopfhörer auf den grünen Kanal. Aber der dröhnende Bass aus einem Pop-Up Planetarium nebenan dringt trotzdem durch. Ok, was ist da los? Mal sehen.. ein Filmproduzent zeigt, was in einer Projektionskuppel alles möglich ist. Völlig geflasht versinke ich erstmal in einem der Liegestühle und lass mich ins Universum entführen.

„We are contributing to a better world“

Luftaufnahme der Alpen auf einem Kuppelelement eines Planetariums, davor ein Steuerpult mit Personen
Brutaler Kontrast: Auf diesem Ausschnitt einer LED-Planetariumskuppel zeigt eine Firma, was geht. © Tobias Beuchert

Vieles, was was hier geboten ist, ist einfach flashy, beansprucht die Sinne für sich, will bewegen und vielleicht auch überzeugen. Hin und hergerissen treibt es mich an der Hauptbühne vorbei. Hier hallt es lautstark über hunderte Zuhöhrer*innen hinweg: „We are contributing to a better world“. Ich bleibe stehen. Ja, absolut! Genau deswegen bin ich hier.

Wer davon ausgeht, dass die Planetarien der Welt bestens ausgestattete High-Tech Tempel sind, liegt zumindest halb richtig. Ohne Personal läuft nichts, und genau das Problem scheinen hier viele zu teilen. „Planetarian“ zu sein, das bedeutet oft ein enormer Arbeitseinsatz. Viele schlagen über die Stränge, um den Erwartungen zu genügen. Denn nicht selten bräuchte es eigentlich die Dreifache Besetzung, um klarzukommen. Und so machen wenige den Job von vielen, Burnouts sind real. Es zeigt gleichzeitig, welche Überzeugung und Begeisterung hinter dem Job steckt, denn wenn es nicht auch echt bereichernd wäre, würden viele in einen 9-to-5 Job wechseln. Wenn Planetarien wirklich Teil der laufenden Veränderung sein wollen, müssen sie nachhaltig, planungssicher und unabhängig agieren können

Und es lohnt sich. In den Sternentheatern kommt zusammen, was finde ich zusammengehört: Wissenschaftskommunikation und Spektakel, Hard Science und Emotionen, Mensch und Universum. Diese Vibes durchziehen auch die Konferenz. Unter dem Sternenhimmel der Planetarien rücken Menschen näher zusammen, ihr immersiver Sog zieht hinein in die eine Welt, die größer und komplexer ist als unser direktes Umfeld. Planetarien sind die Kathedralen der emotionsbasierten Wissenschaftskommunikation. Sie prägen seit hundert Jahren Weltbilder und es geht schon länger nicht mehr "nur" um die Sterne und Planeten. Ich habe selbst ein Paar Jahre im Planetarium & Besucherzentrum der Europäischen Südsternwarte gearneitet, der virtuelle Flug weg von der Erde gehörte mit zum Programm. Ich glaube, dass es keinen teuren Ausflug ins All braucht, um sich als Teil einer Weltengemeinschaft zu fühlen.

Übers Klima sprechen? Und wenn ja, wie?

Zwei Personen unterhalten sich
Inspirierender Austausch mit Dr. Julia Lanz-Kröchert, zuständig für Wissenschaft und Planetariumsdidaktik am Planetarium Wolfsburg. © Katharina Leiter

Diese Frage war Kern eines Workshops, den ich gemeinsam mit Ryan Wyatt, Direktor des Morrison Planetariums in San Francisco, angeleitet habe. Ich bin überglücklich über die vielen Teilnehmenden, darunter Mitarbeitende und Direktor*innen vieler deutschsprachiger aber auch internationaler Planetarien.

Die veranschlagten 45 Minuten haben uns gerade mal ein Stimmungsbild einholen lassen. Dazu sollten sich alle hinten im Raum positionieren, wer auf der einen Seite stand, findet es etwa durchaus wichtig, in Planetarien auch Umweltkrisen zu thematisieren, wer hingegen auf der anderen Seite stand, sieht keinen Bedarf. Es war uns wichtig zu betonen, dass alle Meinungen willkommen sind. Entsprechend haben wir auch nach den Herausforderungen gefragt, die es unter Umständen schwer machen, solche Themen ins Programm einfließen zu lassen. Leider war wirklich wenig Zeit, die aufflammenden Diskussionen im Rahmen des Workshps zu vertiefen. Stattdessen haben wir alle Meinungen dokumentiert und Gespräche dann im Laufe der Konferenz weitergeführt.

Die Ergebnisse des Workshops

Ziemlich schnell wurde klar, dass es den meisten eine Herzensangelegheit ist (bzw. wäre), das Medium für Umwelt- und Klimakommunikation zu nutzen. Neben den vielen Vorteilen, die die immersive Kuppelprojektion mit sich bringt, sahen die Teilnehmenden aber eben auch Probleme. Mein Kollege, Peter Dorman vom Planetarium Halle, hat die Ergebnisse für seinen Workshop zum Thema aufbereitet.

Datenauswertung
Diese Chancen und Herausforderungen sehen Planetariumsmitarbeitende in Deutschland und der Welt. Die Zahlen in der rechten Spalte geben an, wie oft der entsprechende Aspekt genannt wurde. © Peter Dorman

Menschen besuchen Planetarien, um von den Weiten des Kosmos und den Sternen verzaubert zu werden. Für viele ist es auch Entspannung im krisendurchsetzten Alltag. Sie wollen was erleben und dem Alltag entfliehen. Einige Presenter hüten sich daher davor, globale Krisen ins Zentrum der Shows zu rücken. Andere sind sich unsicher, in wie sie ihre Geschichten so erzählen, dass sie motivieren und nicht frustrieren. Jedes Planetarium hat wiederum eigene Rahmenbedingungen, so ist es teils einfacher, in allen Shows mit einfließen zu lassen, wie besonders die Erde ist, als den Klimawandel an sich zu diskutieren.

Keine Frage der Fakten

Planetarium von innen
Planetariumskuppel der Europäischen Südsternwarte in Garching bei München. © ESO

Ich bin hier zwiegespalten. Laut einer Studie des Umweltbundesamts aus dem Jahr 2022 stimmen über 80 Prozent der Befragten zu, dass die Wirtschaft umwelt- und klimafreundlich umgestaltet gehört. Aber rund 40 Prozent sehen sich dabei als Verlierer. Ist es also keine Frage der Fakten mehr, sondern eine soziale Frage? Für mich passt es ins Bild. Kinder sind zunehmend traumatisiert, verlieren Vertrauen in Erwachsene. Die Zielgruppen, die sich aktiv zu Transformation und Klima informieren, schrumpft. Der Rest scheint müde oder verängstigt. Zugegeben: Auch ich werde müde. Es ist kein Selbstläufer. Den richtigen Ton zu treffen fordert Strategie und Planung. Und das fordert Zeit für kreatives Denken.

Ich teile diese Erfahrung zumindest teilweise aus unserer Show Die Register des Universums. Wir begleiten das Publikum bei Sci-Fi Orgelmusik auf einer Reise durchs Universum bis hin zur Erde. Und wir landen im hier und jetzt, zeigen das Wunder der Natur aber dazwischen auch die Zerstörung durch die Klimakrise. Wir benennen dabei auch, dass es uns als Erdengemeinschaft gelingen kann das Blatt zu wenden. Einige wenige aus hunderten Zuschauer*innen haben sich beschwert, sie seien wegen der Astronomie und Orgelmusik gekommen, nicht, um etwas über Missstände zu erfahren. Ich glaube wir vergessen zu oft, dass wir sehr viele andere Menschen zu tiefst bewegt haben. Auch als Wissenschaftsredakteur bei der Max-Planck-Gesellschaft erreichen uns wenige Leserbriefe, die unsere Themensetzung im Wissenschaftsmagazin kritisieren (wer etwa über Forschung zu Wetterextremen schreibt, sei politisch befangen). Man beachte aber die Auflage von fast 80.000 Exemplaren. Das nur zur Einordnung meiner eigenen Erfahrungen, andere Einrichtungen und Shows erleben hier weitaus mehr Gegenwind. Und die Kritik sollten wir in jedem Fall ernst nehmen.

Gleichzeitig scheint es einen Bedarf an wissenschaftlichen Erklärungen zu geben. Was genau ist eigentlich die Ursache des Klimawandels? Warum war es in der Erdgeschichte schonmal wärmer und was hat das mit dem Mars zu tun? Warum tut das CO₂ Molekül was es tut? Dieses Handwerkszeug hilft sicher, die ein oder andere Schreckensmeldung einzuordnen und auch im Alltag bewusste und informierte Entscheidungen zu treffen. Wissen katapultiert uns zurück in den Pilotensitz.

Was man im Programm bringen kann, hängt von Zielpublikum, Show und der Einrichtung ab. Wir alle sollten natürlich vermeiden, Erwartungen zu enttäuschen. Überraschungen hingegen haben erstmal niemandem geschadet. Es scheint mir, als wäre es eher die Frage wie man über die Krisen der Gegenwart spricht und nicht ob.

Es geht um Wissen und Emotionen

Selfie vor der Erde
Overview Effect im Planetarium Berlin. © Tobias Beuchert

Ich bin der Meinung, dass Planetarien ein einzigartiger Ort des öffentlichen Diskurses sind. Sie lassen uns sehr schnell und eindrücklich die Perspektiven wechseln, von der Erde ins Dunkle des Alls und umgekehrt. Ich finde alle Chancen und Herausforderungen, die aus dem Workshop hervorgingen, absolut legitim und wichtig. Wer sie beherzigt, hat die Chance, einen sicheren Raum zu schaffen, in dem sich Menschen verschiedener Ansichten neu begegnen und auf einen Common Ground einigen können.

Denn die Sterne und die Astronomie begeistern, sie sind für mich ein Zugang in die Herzen der Menschen. Wenn sich das Publikum mir als Presenter öffnet, trage ich eine große Verantwortung, das mir entgegengebrachte Vertrauen nicht zu missbrauchen. Ich bin Guide durch Universum und muss sicherstellen, dass niemand in den Tiefen des Alls verloren geht.

Ich glaube für mich ist eine Show gelungen, wenn die Besucher*innen das Planetarium mit Gänsehauterfahrungen, neuem Wissen und einer Portion Zuversicht oder gar neuen Ideen verlassen. Denn auch aktuelle Fachdebatten in der WissKomm-Forschung sehen die Vorteile der Emotionen. Und Emotionen helfen, gelerntes besser abzuspeichern.

Die Konferenz war für mich ein kreativer Booster. Ich denke schon länger über ein Projekt für Planetarien nach, in dem ich die elementaren Vorteile dieses einzigartigen Raums ausnutzen möchte. Für einen Common Ground als Nährboden des Wandels. Ich glaube, ich bin bereit für die nächsten Schritte. Danke an alle, die ihre Erfahrungen mit mir geteilt haben, nothing is a one-person show. Stay tuned!


26. Mai 2024

Was interessiert mich die Periode?

Person hält Vortrag vor Leinwand

Vor ein Paar Wochen habe ich an einem Menstruationsworkshop für Männer teilgenommen, gehostet von Erika Eisele. Sie berät Firmen und Einzelpersonen zu Menstrual Awareness. Ich habe ihr Workshopangebot auf Linkedin gesehen und drei Sekunden später war ich angemeldet.

Ein Tabuthema

Warum nehme ich an so einem Workshop teil? Und warum widme ich dem Thema einen Blogeintrag? Oder sollte ich fragen: Warum denn eigentlich nicht? Wobei, stop. So einfach lass ich mich nicht davonkommen. Das Thema ist auf jeden Fall ein Tabuthema, für viele Frauen, für viele Männer, in vielen Beziehungen und ganz bestimmt am Arbeitsplatz. Das merke ich schon alleine daran, dass ich kurz vor dem Workshop auf die Frage einer Kollegin, was ich an dem Abend vorhabe, geantwortet habe: „Willst du es wirklich wissen?“ Wenn ich jemandem davon erzählt habe, auch im Freundeskreis, kam oft Bewunderung aber gleichzeitig standen da Fragezeichen im Raum oder zumindest hatte ich das Bedürfnis, noch eine Erklärung nachzuschieben. „Einfach mal informieren… Es kann ja nicht schaden!“.

Als ich die Werbung des Workshops auf LinkedIn gesehen habe wurde mir etwas schlagartig bewusst, was mir eigentlich schon immer klar gewesen sein muss. Ich habe einfach nicht genug Wissen über das, was das Leben von allen menstruierenden Personen in meinem Umfeld maßgeblich bestimmt. Also war das Mindeste, was ich in dem Moment tun konnte, auf Anmelden zu klicken. Und es war ja noch etwas hin.

Fünf Einsichten

Person hält Vortrag vor Leinwand
Menstruation für Dummies: Erika Eisele erklärt die Basics.

Bis zum Workshop hatte ich noch ein Paar Monate, um nachzudenken. Eigentlich fiel mir kein Argument ein, warum der Workshop Zeitverschwendung sein könnte – egal wie es wird. Eher fielen mir tausende Argumente dafür ein, dass ich mich schon viel früher ernsthaft mit dem Thema Menstruation hätte auseinandersetzen können.
#1: Ich arbeite im Hauptjob und über meine Projekte mit vielen menstruierenden Personen zusammen und von dem was man so weiß, müssten statistisch gesehen einige von ihnen regelmäßig mindestens mal Schmerzen haben. Sollte ich darüber nicht besser Bescheid wissen? Kann ich irgendwas beitragen, damit es ihnen damit besser geht?
#2: Ich interessiere mich für zukunftsfähige Formen des Arbeitens und dafür, wie Menschen ihre Potenziale entfalten können. Können das menstruierende Personen, wenn sie sich bei manchen Arbeitgebern monatlich meinen, verstecken zu müssen?
#3: Kann es sein, dass sich Menschen mit krassen Regelschmerzen hochdosierte Schmerzmittel reinpfeifen, nur um Erwartungen zu erfüllen und nicht aufzufallen?
#4: Ich habe eine Partnerin, könnte es der Beziehung nicht gut tun, wenn auch das Thema zum normalen Alltagsthema wird?
#5: Ist es nicht krass, dass sich der Körper vieler vieler Menschen in meinem Umfeld jeden Monat aufs Neue auf eine Schwangerschaft vorbereitet?

Als der Tag des Workshops näher kam, war ich schon ziemlich nervös. Werde ich mich blamieren? Keine Ahnung, vielleicht sind die anderen Männer im Workshop ja die wahren Profis. Wie ist die Gruppe so drauf? Wird jemand den Abend boykottieren? Werden Grundsatzdiskussionen entbrennen? Und wieder: Werde ich da mithalten können? Ein Paar Stunden vor dem Workshop hat mich die Unsicherheit dann nochmal richtig gepackt, ich habe meinen Bildschirm auf der Arbeit außer Sichtweite gedreht (apropos Tabu) und mich im Netz nochmal schnell über den Zyklus aufgeschlaut. Klar, vieles weiß man ja schon, dachte ich, also nur mal kurz vergewissern und vielleicht ein Paar Fremdwörter drauf schaffen, nicht um zu glänzen, aber um nicht unterzugehen.

Ein safe space für Männer

Zum Workshop selbst möchte ich nur folgendes sagen: Danke an Erika für den sicheren Raum, von dem wir alle super profitiert haben. Meine Sorgen hätte ich mir nicht machen müssen. Und wann hat man schonmal die Chance, sich mit anderen Männern zu Tabuthemen auszutauschen? Ich habe viele Fakten und Zusammenhänge verstanden… aber vor allem hat mich der Abend sensibilisiert.

Von Floskeln „Die Zeit, in der sie nur genervt ist..“ hin zu .. wow, echt komplex was da vor sich geht… natürlich kann es Phasen geben, in denen sich menstruierende Personen zurückziehen wollen oder keinen Bock auf Smalltalk haben. Kann es nicht ein toller Schritt nach vorn sein, wenn die Personen von der Gesellschaft den Freiraum bekommen, tief in sich reinzuhören und mit den Besonderheiten des Zyklus zu leben statt dagegen anzukämpfen? Und kann ich als Mann menstruierende Personen in meinem Umfeld darin unterstützen, dass sie diesen Freiraum bekommen? Je mehr man sich, auch im Job, gesehen fühlt, desto leichter können sich Potenziale entfalten. Und je mehr man sich in Partnerschaften einander wahrnimmt, desto mehr können in dem Fall menstruierende Personen sie selbst sein und den Freiraum nutzen, mit ihrem Körper und nicht gegen ihn zu arbeiten.

Nun hatte ich eine Menge Aha-Erlebnisse und Erika hat mir (und vielen anderen Männern) vertrauensvoll die Augen geöffnet. Da haben viele andere im Workshop inklusive mir das Bedürfnis geäußert, das Thema weiter zu tragen. Aber steht es mir als nicht menstruierende Person überhaupt zu, dem gleich einen Blogpost zu widmen oder überspanne ich den Bogen? Ist es Mansplaining? Die Frage haben wir uns alle im Workshop irgendwie gestellt. Aber hier ist ein Argument: Wenn wir alle Angst haben zu etwas zu stehen, weil es andere eh besser wissen als wir, dann sind wir wieder genau in der bereits erwähnten Tabu-Zone. Ich würde mich hüten anderen zu erklären wie ihr Zyklus funktioniert, aber ich fühle mich immerhin ermutigt, dazu beizutragen, dass Menstruation im Alltag weder belächelt noch tabuisiert wird.

Lasst uns drüber sprechen!

Und es ist doch eigentlich auch wie beim Gendern. Ich kann nicht einerseits inklusive Sprache und feministische Themen für wichtig erachten und mich andererseits davon distanzieren, mich als Feminist zu bezeichnen. Und hey, das klingt wirklich einfacher als es für mich war. Es war auch für mich ein Prozess. Ich habe Bücher gelesen, in denen etwa Frauen eindringlich sagen: Liebe Leute, entspannt euch. Ihr steht nicht auf der Anklagebank, wenn ihr nicht die perfekten Feministen seid. Schön, dass euch das Thema interessiert, schön, dass ihr versucht zu verstehen, welche Mechanismen im Alltag zur systematischen Ausgrenzung führen können. Es geht also nicht um Richtig oder Falsch, sondern darum, nach bestem Wissen und Gewissen Werten zu folgen und zu erkennen, dass sich dort, wo Freiräume systematisch begrenzt werden, keine Potenziale und Persönlichkeiten entfalten können. Und es geht darum, Verantwortung zu übernehmen. Und natürlich! Wo gehobelt wird, fallen Späne.

Lasst uns über Menstruation sprechen, in Beziehungen, mit unseren Töchtern und auf der Arbeit. Lasst uns unseren menstruierenden Mitmenschen zeigen, dass wir sie sehen und lasst uns da Fragen stellen, wo wir die Antwort nicht wissen.


22. April 2024

Mein Eindruck von der WissKon24

Person am Rednerpult mit Leinwand im Hintergrund
Teamwork: Diese fünf tollen Menschen stecken hinter der Multimedia-Show Register des Universums. © Ulrike Brandt-Bohne, NaWik

Letzten Freitag war ein inspirierender und motivierender Tag bei der WissKon24 in Karlsruhe, der jährlichen Konferenz für kommunizierende Wissenschaftler*innen. Die Herausforderungen für Wissenschaft und Gesellschaft sind groß, das hat auch Beatrice Lugger in ihrer Eröffnungsrede betont. Sie ist die Geschäftsführerin des NaWik (Nationales Institut für Wissenschaftskommunikation). Es gibt also viel zu tun und nicht wenige verzweifeln an der Frage, warum wir uns nicht mal mehr auf die Fakten einigen können. Die Vorträge und Gespräche auf der WissKon haben mir gezeigt: Es gibt einen Weg und der liegt direkt vor unserer Haustür.

Neue Wege gehen

Was mir bei vielen der Beispiele aus der Praxis aufgefallen ist: Hier handelt es sich um tolle, innovative Formate. Wir reden oft von einer two-way-street zwischen Wissenschaft und Gesellschaft, das heißt Wissenschaft soll nicht länger als Elite von oben Wissen auf die Häupter der Fragenden und Nichtfragenden streuen, sondern in den Dialog treten. Leider sind gängige Kommunikationsformate aber immer noch top-down. Was es braucht, sind genau solche Ideen, die wir bei der WissKon24 gesehen haben, und den Mut aller Beteiligten, sie durchzuziehen.

Die Vielfalt macht's

Gruppenfoto auf Konferenz
Ein Blumenstrauß an Projekten, vorgetragen von begeisterten WissKomm'lern. Von links hinten nach rechts vorne: Adelina Olbrich, Marlene Knoche, Katrin Henneberg, Katarina Werneburg, David Spencer, Tobias Beuchert und Nicole Paschek.

Ich bin beeindruckt von der Kreativität aller, die ihre Projekte im 7x7 Format (7 Projekte in je 7 Minuten) gepitcht haben und die sehr authentische und umso unterschiedliche Wege gehen, um Menschen einen niederschwelligen Zugang zu Wissenschaft zu bieten, um Menschen ernst zu nehmen und da abzuholen, wo sie sich eh aufhalten bzw bei den Fragen, die sich die Leute eh stellen: Sei es im Garten bei der Frage, warum meine Tomaten faulen (@davidspencerofficial von Krautnah), auf TikTok, wenn der @Fussballinguist aufklärt, warum man nicht “die Einzigste” sagt oder im Comic, wenn ein Hotel namens Hilbert verspricht, unendlich viele Gäste aufnehmen zu können (@sanguinikde). Nur um ein Paar Beispiele zu nennen.

Alle, die hier präsentiert haben, machen gerne, was sie tun. Allen, die sich fragen, wie sie selbst am besten ehrenamtlich oder hauptberuflich wirken können, rate ich genau das: Tut das, worin ihr gut seid, was euch Spaß macht und was euch erfüllt. Das ist die beste Eintrittskarte in die Herzen der Menschen, denen man täglich in der U-Bahn oder anderswo begegnet.

Leider gibt es immer wieder Anfeindungen aus der Öffentlichkeit, vor allem bei emotional besetzten Themen wie Klima oder Gender. Die meisten wissen, dass es schlecht ums Klima steht, "aber von denen lass ich mir doch nichts sagen". Meine Meinung: Projekte, die die Menschen da abholen, wo ihr Interesse liegt, nehmen solcher Wut über angeblich "ideologisch besetzte, nicht exakte Wissenschaft" den Wind aus den Segeln.

Sorgen ernst nehmen mit nahbarer WissKomm

Und ja, ich finde, wir machen es in der WissKomm genau richtig, wenn wir die Menschen und ihre Sorgen ernst nehmen. Auch wenn das bedeutet, dass wir uns mit ihnen hinsetzen und geduldig durchsprechen, warum es zwar richtig ist, dass es auch schonmal wärmer war, der aktuelle Klimawandel aber trotzdem menschengemacht ist.

Ein Hörtipp zum Thema: Dirk Messner vom Umweltbundesamt beschreibt im ZEIT-Podcast “Die Leute wollen keinen moralischen Zeigefinger” sehr schön, warum die Polarisierung der Debatte auch eine soziale Frage ist: Etwa 80-90 Prozent stimmen zu, dass die Wirtschaft klimaneutral umgebaut werden muss, aber ganze 40 Prozent zählen sich zu den sozialen Verlierer*innen. Ist es ein Weg, in der WissKomm nahbarer zu werden? Ich denke ja, wobei ich finde, dass die Wissenschaft auch weiterhin öffentlich klar Position beziehen können muss. Aber wenn wir uns auf einem Common Ground mit der Gesellschaft bewegen, ist die Chance größer, dass wir uns darauf verständigen, dass eine Zukunft mit sauberer Luft und nicht allzu großer Hitze vielleicht doch ganz cool wäre.

Mein Fazit:

Ja, wir haben das Zeug, die großen Herauforderungen der Zeit anzunehmen. Denn wir haben einen Blumenstrauß an Kommunizierenden und Formaten. Und wer hat schon was gegen Blumen??


01. Januar 2024

Ein emotionaler Jahresrückblick

Pink beleuchteter Kirchenraum
Atmosphärisch: Eine Kombination aus Licht, Bild und Orgel entführt das Publikum in neue Dimensionen. © Matthias Wagner

Wow, was für ein Jahr...! Anders kann ich es kaum ausdrücken. Ich wollte die Zeit zwischen den Jahren nutzen, um mal stehen zu bleiben, zurückzuschauen, aufzuschreiben was alles war, meine neue Homepage fertig zu machen und mir dabei Gedanken darüber zu machen, wie ich in Zukunft mit meinen Projekten wirken möchte.

Warum der eigene Kompass so wichtig ist

Wissenschaftler erklärt in einer Gruppe
Im Dialog: Nach der Aufführung mit dem Publikum zu sprechen, gehört bei uns mit dazu.

Statt dessen war ich so erschöpft, dass ich erstmal gar nichts gemacht und gemeinsame Zeit mit meinen Liebsten genossen habe. Eigentlich habe ich dabei aber doch viel reflektiert und über mich gelernt. Meine Mutter starb, als ich mit dem Abi fertig war. Seit dem ist die Zeit um Weihnachten eine schwere Zeit, ein Ringen mit mir und meiner Vergangenheit, eine Zeit der Zweifel. Die globalen Krisen wirken schwer und gefühlt war ich stets rastlos beim Versuch einen Unterschied zu machen und den Menschen etwas zu geben. Ich habe Wissenschaft gelernt und auch, wie man sie kommuniziert. Will damit etwas beitragen, ich will unterschiedlichste Menschen an einen Tisch bringen, einen Common Ground zwischen Zivilgesellschaft, Wissenschaft und anderen Akteur*innen herstellen und Räume schaffen, in denen eine lebenswerte Zukunft möglich wird. Ist das alles nur Träumerei, oder kann ich hier wirklich was bewegen?

Meine Wurzeln und warum Scheitern OK ist

Meine Mutter war eine grandiose, provokante Künstlerin mit großen Ideen. Ist ständig angeeckt und hat dabei gleichzeitig Menschen geprägt. Oft habe ich mich gefragt, wie ich ihr Erbe weiterleben lassen kann. Was ich erst in den letzten Jahren verstanden habe: Sie lebt auch in mir weiter, denn was uns stark verbindet sind unsere Visionen. Ich habe in den letzten Jahren ein Paar Jobs durchgemacht und bisweilen das Gefühl bekommen, gegen Wände zu laufen. Ich musste lernen, dass diese Reibung normal ist, wenn ich meinen Visionen treu bleiben will. UND: dass es sich lohnt.

Ein ewiger Kampf?

Heute bin ich entspannter. Vielleicht, weil ich angekommen bin. Vielleicht, weil ich den Mut hatte, "einfach mal zu machen". Plötzlich macht vieles Sinn. Jede Wand an der ich abgeprallt bin hat mich geformt und mich an Erfahrungen reicher werden lassen. Ich bin unendlich dankbar für die spannenden Menschen, mit denen ich arbeiten durfte. Gemeinsam haben wir Menschen berührt, ihnen Mut gemacht und neue Impulse gegeben. Die Astronomie war dabei immer ein super Zugang, denn sie fasziniert. Die Astronomie hat für mich wirklich gut funktioniert, um an einem Common Ground in der Gesellschaft zu arbeiten. Little steps by little steps. Und nächstes Jahr noch mehr davon. Neue Projekte, ein neuer Internetauftritt

Danke an meine Mitstreiter*innen, danke an die Astronomers for Planet Earth. Wie schön, dass wir dieses Jahr gemeinsam einen Verein gegründet haben.


25. Oktober 2023

Das Planetarium und Ich

Presenter mit Maske und Büchern unterm Arm vor leerer Planetariumsbestuhlung
Letzte Show vor dem Lockdown. © Tobias Beuchert

Am Wochenende habe ich die Feier zum hundertjährigen Jubiläum des Planetariums besucht. Ein Abend, der mich nachdenklich gestimmt hat. Ein Planetarium ist nicht nur für Astronerds, nicht nur Kino. Was das Planetarium ausmacht galt damals wie heute. Für Bodo Ramelow haben Planetarien das Zeug, eine Welt zu verändern, in der einige das Privileg haben den friedlichen Sternenhimmel zu sehen, andere jedoch Raketen am Himmel zu fürchten haben.

Ein Raum, um neu zu denken

Ich finde: Das Planetarium ist ein sicherer Raum, in dem Zukunft gedacht werden KANN, ein Raum in dem wir uns reflektieren und dem Funken überspringen lassen KÖNNEN, ein Funken, der Menschen motiviert zu handeln. Mein Appell an alle Kolleg*innen der Gesellschaft Deutschsprachiger Planetarien e.V. : Nutzt diese Chance!

Vor drei Jahren habe ich hauptberuflich Shows im Planetarium des European Southern Observatory gegeben. Ich habe Forschung von nebenan mit neugierigen und begeisterten Menschen geteilt. Und wir haben darüber geredet, was das alles mit uns auf der Erde zu tun hat. Ebenfalls vor drei Jahren hat uns Corona einen Strich durch die Rechnung gemacht. Hier im Bild verabschiede ich mich ins Homeoffice und in die Videoproduktion.

Aus verschiedenen Gründen habe ich meinen Weg fortgesetzt, als Wissenschaftsmanager beim DLR und jetzt als Wissenschaftsredakteur bei der Generalverwaltung der Max-Planck-Gesellschaft München. Mein Herz ist dem Planetarium aber immer erhalten geblieben. Aber was ist es, das mich nicht loslässt? Bestimmt der Kontakt mit den Menschen, die Möglichkeit unmittelbar etwas zu bewegen und die Chance allen (!) Menschen zu ermöglichen, unter einem Sternenhimmel ehrlich zu staunen, der nur theoretisch allen offen steht. Und alle, die auf der Bühne waren kennen den Moment, in dem der Funke überspringt und man ein Leben nur ein wenig, aber doch nachhaltig beeinflusst hat. Damit einher geht eine krasse Verantwortung. Eine Chance unmittelbar etwas zu bewirken in einer Welt, die von Polykrisen gebeutelt ist.

"The Earth does not need us, but we need Earth"

Sprecher an Rednerpult vor blauem Hintergrund
Thomas Reiter am Rednerpult im Auditorium des Deutschen Museums © Tobias Beuchert

Am Abend der Feierlichkeiten sprachen mir viele aus der Seele. Tim Florian Horn von der Stiftung Planetarium Berlin schaut kreativ und offen in die Zukunft der Planetarien als inklusive Räume, die uns einladen uns zu reflektieren. Der ehemalige ESA Astronaut Thomas Reiter: "The Earth does not need us, but we need Earth". Das ist unsere Motivation bei den Astronomers for Planet Earth.

Oder Dan Tell, Planetarium Engineering Director bei der California Academy of Sciences: Die Welt befindet sich im Krisenmodus. Wir können Planetarien als Räume nutzen, in denen die Welt geheilt wird, von Hass, Rassismus oder Ausbeutung.

In den vielen Planetarien der Welt erreichen wir viele Menschen auf Augenhöhe und wir KÖNNEN dort zu einer lebenswerten Zukunft beitragen. Wissenschaft und Emotionen schließen sich nicht aus. Man muss es nur richtig anstellen. Wissen bleibt durch Emotionen erst nachhaltig haften. Ich empfehle dazu Helen Ahner's Buch "Planetarien: Wunder der Technik, Techniken des Wunderns".


01. Februar 2023

Mein kurvenreicher Weg in die WissKomm

Selfie im Büro
Erster Tag im neuen Job: Ein Selfie vor meinem neuen Arbeitsplatz bei der Max-Planck-Gesellschaft © Tobias Beuchert

Ich bin jetzt seit einem guten Monat als Wissenschaftsredakteur bei der Generalverwaltung der Max-Planck-Gesellschaft München und habe das Bedürfnis meinen turbulenten Weg aus der Wissenschaft in die Wissenschaftskommunikation zu teilen.

Ich lernte viele kennen, die spannende Dinge zu sagen hatten oder Wert auf den Dialog mit der Gesellschaft legten, aber nicht wussten wie. WissKomm gehört in Unis nicht/kaum zur Ausbildung. Es ist leider daher und auf Grund der wenigen Stellen sehr schwer sich in der WissKomm zu orientieren und zu professionalisieren.

Auf meinem eigenen Weg fand ich Rollenmodelle wichtig, wie zum Beispiel die großartigen Mai Thi Nguyen-Kim, Ranga Yogeshwar oder Harald Lesch. Nach meinem PostDoc stand ich aber einigermaßen verloren da. Ich hatte Werte und eine Vision, die mich auch für Vorträge und ScienceSlams auf die Bühne trieb, aber keine Perspektive. Also begann ich nach einem Strohhalm zu greifen und mich zu orientieren. Ich kann nicht betonen wie wichtig Netzwerken und Feedback war. Danke an Philipp Schroegel, Claudia Mignone, Ralph Rousseau Meulenbroeks für die Gespräche! Auch Besuche der WissKomm Konferenzen von Wissenschaft im Dialog oder des Nationales Institut für Wissenschaftskommunikation (NaWik) haben geholfen, einen Überblick übers Feld zu bekommen.

Handbremsen los und rein!

Und dann hieß es plötzlich: Handbremsen los und rein in den ersten Job als Planetariumspresenter beim European Southern Observatory. Was für ein Glück, was für eine Chance. Trotz meiner Bühnenerfahrung hatte ich ziemlich Bammel. Kann ich das, bin ich der Typ dafür? Und es war großartig! Aber leider kein Job mit Perspektive + befristet. Meine Liebe fürs Planetarium ist nach wie vor ungebrochen und ich hoffe eindringlich, dass diese in Zukunft mehr zu Foren des Dialogs und Diskurses werden!

Mein nächster Schritt? Ein Neustart, ein ganz anderer Pfad. Auch geprägt von zwei der schwersten Entscheidungen meines Lebens (gegen Jobangebote). Auch wichtige Entscheidungen stehen irgendwann an. Und man muss dahinter stehen. Schließlich landete ich als Wissenschaftsmanager beim Deutschen Zentrum für Luft-und Raumfahrt und der Technischen Uni München im Erdbeobachtungszentrum: Die Perspektive von außen auf die globalen Probleme unserer Zeit. Toll, gesellschaftlich relevante Forschung zu unterstützen & die Community der Forschenden zu managen.

"Einfach" mal machen

Selfie vor Ausstellung im Museum
Bereit für den Besucherstrom: Annika Kreikenbohm (links) und ich vor unserer Ausstellung Die Erde im Mikroskop im Deutschen Museum. © Tobias Beuchert

Und trotzdem hatte die WissKomm irgendwie keine Priorität. Nice to have eben, aber schwer mit dem Job zu vereinbaren. Auch wenn Außenkommunikation ja irgendwie doch zum Science Management dazugehört. Also habe ich beschlossen, einfach mal zu machen und habe mir meine Kollegin Annika Kreikenbohm, auch Astronomin und Kommunikationsdesignerin, mit ins Boot geholt. Moment, von "einfach" kann natürlich keine Rede sein. Wir hatten zwar Funding vom Munich Science Communication Lab, aber damit ein Projekt fliegt, braucht es Zeit und Zeit gab es wenig im Job. Also haben wir, passend zum Forschungsgebiet unseres Labs damals, ein Museumsprojekt zum Thema Nahrungsmittelsicherheit und Erdbeobachtung auf die Beine gestellt. Eine Bühne für junge PhDs und PDs, um mit Besucher*innen zu ihrer Forschung zu sprechen.

Das Privileg, sich Herzensprojekte leisten zu können

Jetzt habe ich als Redakteur eine Dauerstelle in der Wissenschaftskommnikation gefunden. Sie gibt mir Sicherheit, Perspektive und ein Aufgabenspektrum, in dem ich mich entfalten kann. Und trotzdem sind mir Projekte sehr wichtig, mit denen ich den direkten Kontakt zu den Menschen finde. Das hilft mir auch dabei, im Beruf bessere Texte zu schreiben.

Ist es das Privileg, angekommen zu sein, das es mir erlaubt überhaupt an solchen Projekten zu arbeiten? Mit Sicherheit. Auch, wenn ich neben dem Vollzeitjob kaum Zeit für diese Projekte habe. Dass ich nach 17:00 meist noch aus eigenem Antrieb an meinen selbstständigen Themen arbeite zeigt mir, dass es mich erfüllt. Aber für etwas zu brennen birgt auch die Gefahr auszubrennen. Wenn ihr euch in meinen Zeilen wieder findet, achtet auf eure mentale Gesundheit!